Pilze

Wenn die Tage kürzer werden und sich bei den ersten Bäumen die Blätter färben, ist es wieder an der Zeit, nach den kleinen Waldbewohnern Ausschau zu halten. Gerade im Spätherbst sind sie reichlich zu finden, und abseits der Wege muss man hin und wieder schon einmal aufpassen, dass man sie nicht aus Versehen zertrampelt. Ich meine nicht etwa kleine Tiere wie Käfer oder Insekten, oder kleine Pflanzen. Nein, die Rede ist von Pilzen.

Pilze sind weder Tier noch Pflanze. Vielmehr bilden sie ein eigenes Reich. Und ihre Vertreter könnten unterschiedlicher nicht sein. So zählen zu den Pilzen sowohl Einzeller wie Hefepilze als auch Vielzeller wie Champignons oder Fliegenpilze. Selbst das größte Lebewesen soll ein Pilz sein — zu finden im Malheur National Forest in den USA mit einer Ausdehnung von 8,8 km² und einem Alter von 2.400 Jahren (Quelle: Wikipedia — Pilze)!

Was wir in der Regel von den Pilzen sehen, ist aber nur ein kleiner Teil. Der Fruchtkörper — das, was aus dem Boden guckt — dient im Wesentlichen der Vermehrung und Überdauerung. Der Großteil des Pilzes ist jedoch im Boden, Holz oder ähnlichem verborgen. Das Myzel ist ein Geflecht aus feinen Fäden, die den Träger durchziehen.

Für das Ökosystem sind sie von großer Bedeutung. Als Destruenten zersetzen sie abgestorbene Pflanzen, sodass hieraus neues Leben entstehen kann. Anders herum leben sie mit Pflanzen in Symbiose und fördern deren Wachstum. Im Gegenzug erhalten Sie Nährstoffe durch die Pflanze, die sie für ihr eigenes Wachstum verwenden.

Auch für den Menschen spielen Pilze eine wichtige Rolle. Zum einen natürlich als leckeres Lebensmittel (solange sie nicht giftig sind), zum anderen in der Medizin als zum Beispiel Antibiotikum.

Weiter möchte ich hier aber nicht auf die Biologie eingehen. Hierzu gibt es umfangreiche Fachartikel im Internet zu finden.

Hier sieht man schon, dass dieser Pilz giftig ist!
Hier sieht man schon, dass dieser Pilz giftig ist!

Zur Fotografie

Für mich sind Pilze insbesondere in der Fotografie interessant, weil sie so unterschiedliche Formen und Farben aufweisen, filigran wirken, aber dennoch „griffig“ sind.

Was für Ausrüstung braucht man nun? Am wichtigsten ist ein Stativ oder irgendeine andere stabile Unterlage für die Kamera, da häufig mit langen Belichtungszeiten gearbeitet wird (mehrere Sekunden Belichtungszeit sind durchaus üblich). Bei einem Stativ sollte beachtet werden, dass die Kamera trotzdem bodennah platziert werden kann. Bei meinem Statik kann ich zum Beispiel die Mittelstange herausnehmen und anders herum wieder einspannen, sodass die Kamera kopfüber über dem Boden hängt. In solchen Situationen ist es dann sehr hilfreich, wenn die Kamera über ein Schwenkdisplay verfügt. Anderweitig wird das Ausrichten und Fokussieren immer schwierig.

Um die Kamera beim Auslösen nicht in Schwingung zu versetzen, ist ein Fernauslöser sehr empfehlenswert. Alternativ kann auch der Timer oder Selbstauslöser-Modus verwendet werden. Eine Spiegelvorauslösung sollte aktiviert werden, falls vorhanden.

Als Objektive sind besonders Makro- und Teleobjektive mit einer geringen Naheinstellgrenze geeignet. Somit lassen sich auch noch kleine Pilze formatfüllend ablichten. Ich persönlich bevorzuge Objektive mit langer Brennweite. Aufgrund des kleineren Blickwinkels gegenüber Weitwinkelobjektiven wird somit nur ein kleinerer Teil des Hintergrundes erfasst und das Motiv kann besser freigestellt werden.

Gelegentlich bieten sich auch Weitwinkelobjektive an. Da dann besonders dicht an den Pilz herangegangen werden muss, um ihn formatfüllend ablichten zu können, wirkt er dadurch wesentlich größer.

Da die Pilze in der Regel bodennah wachsen, sollte man auch die Aufnahme aus dieser Höhe machen. Dann heißt es schon mal, sich auf den Waldboden zu legen oder zu knien. Besonders interessant sehen Aufnahmen von unten aus, da so die feinen Lamellen auf der Hutunterseite gut sichtbar werden. Um hier noch ein wenig Licht zu bekommen, kann ein weißes Blatt Papier, ein Alustreifen, eine Rettungsdecke aus einem alten Erste-Hilfe-Kasten oder ein Spiegel verwendet werden. Hier müssen Sie ein Gespür dafür entwickeln, wie viel Licht zusätzlich auf den Pilz gelenkt werden darf. Zu viel Licht wirkt häufig unnatürlich.

Bei Pilzen, die eine dünne Haut haben — also leicht durchscheinend sind — lassen sich mit einer starken Taschenlampe von oben oder seitlich auch interessante Aufnahmen machen, wenn das Licht den Hut des Pilzes zum Leuchten bringt. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, dass nicht andere Bildteile hierdurch überbelichtet werden und dass die Taschenlampe nicht ins Bild kommt. Durch Variation der Lichtstärke und Position der Lampe kann schließlich die optimale Beleuchtung gefunden werden.

In letzter Zeit bin ich dazu übergegangen, bei der Pilzfotografie vermehrt Blitzgeräte einzusetzen. Häufig passen die Helligkeit des Hintergrundes und des Motivs nicht zueinander, sodass der Pilz als Motiv aufgehellt werden muss. Für den Hauptblitz verwende ich dann einen Reflektor oder Durchlichtschirm, damit das Licht insgesamt weicher wird und auf dem Pilz keine harten Schatten zu erkennen sind. Seitlich angeordnete Blitzgeräte sorgen dann für weitere Aufhellung oder für Akzentlichter. Der Vorteil bei Blitzgeräten gegenüber einer Taschenlampe ist, dass die Blitzgeräte (fast) stufenlos in der Helligkeit geregelt werden können. Frontales Licht vermeide ich, daher blitze ich entfesselt.

Früher war ich gegen Blitzlicht in der Fotografie, weil ich die Blitzlichtbilder, die ich gemacht habe, einfach unansehnlich fand. Nur irgendwann habe ich mich dann mal ausführlicher mit dem Thema beschäftigt und habe so festgestellt, dass mit zusätzlichem Licht neue Möglichkeiten eröffnet werden. Man muss es nur einzusetzen wissen. Mit entfesselten Blitzen (also Blitzgeräten, die nicht direkt auf der Kamera sitzen, sondern frei im Raum positioniert werden können) können so interessante Kompositionen und Lichtstimmungen erzeugt werden.

Ein weiterer Vorteil von Blitzlichtern (oder allgemein zusätzlichem Licht) ist, dass damit auch an grauen Herbsttagen leuchtende Farben ins Bild gebracht werden können.

Zum Motiv

Eigentlich sollte man meinen, wenn es im Herbst so viele Pilze gibt, finden sich auch unzählige Motive. Nur bezogen auf die Anzahl der Pilze ist dieses durchaus richtig. Aber ein gutes Foto ist nicht nur ein Abbild eines Pilzes. Es stellt ihn vielmehr als etwas Besonderes heraus. Hierzu mache ich mir mehrere Überlegungen zur Motivauswahl:

  • Wie sieht der Pilz aus? Häufig sind schon Stellen des Hutes angefressen, angerissen oder schon schwarz. Kann ich die Kameraposition so wählen, dass ich diese Stellen nicht mehr sehe (wenn ich nicht gerade diese fotografieren möchte)?
  • Handelt es sich um eine Pilzgruppe: Wie stehen die Pilze zueinander? Kann aus der Anordnung eine gute Komposition entstehen?
  • Wie ist der Hintergrund? Ist er zu hell oder zu unruhig? Kann ich die Kameraposition so wählen, dass ich einen passenden Hintergrund bekomme? Kann ich eventuell die Brennweite ändern, um einen schmaleren (oder breiteren) Blickwinkel und somit weniger (oder mehr) Hintergrund zu bekommen?
  • Welchen Abstand hat der Hintergrund vom Motiv? Je weiter weg der Hintergrund ist, desto kleiner kann ich die Blende wählen, um die Schärfentiefe zu erhöhen, um den Pilz möglichst als ganzes scharf zu bekommen.
  • Wie ist der Untergrund? Kann durch die Linienführung zusätzliche Spannung ins Bild gebracht werden, z. B. durch einen schiefen Baumstamm, auf dem der Pilz wächst? Passen Untergrund und Pilz zusammen?
  • Von wo kommt das Licht, muss ich gegebenenfalls den Pilz aufhellen?

Wenn alle diese Überlegungen in die Motivwahl mit einfließen, bleiben nur noch wenige Pilze übrig. Wenn ich ein passendes Motiv gefunden und die Kamera aufgebaut habe, mache ich erst ein paar Aufnahmen, um den Pilz und somit die Komposition zu begutachten und gegebenenfalls noch leicht anzupassen. Mit der Lupenfunktion lässt sich gut der Fokus überprüfen, den ich bei Makroaufnahmen grundsätzlich manuell einstelle. Anhand des Histograms überprüfe ich noch, ob die Belichtung in Ordnung ist, oder ob ich die Belichtung erhöhen oder verringern muss. In der Regel fotografiere ich dabei im Av-Modus (Zeitautomatik, Blendenvorwahl) und variiere dann in einer Serienaufnahme die Blende zwischen Offenblende und maximal geschlossener Blende. Zuhause am PC entscheide ich dann, mit welcher Blende Pilz und Hintergrund am besten aufeinander abgestimmt sind. Bei einer Offenblende wird zwar der Hintergrund schön unscharf, aber dafür lässt sich auch der Pilz nur in einem schmalen Band scharf abbilden. Bei maximal geschlossener Blende habe ich zwar eine große Schärfentiefe des Pilzes, aber auch der Hintergrund wird damit klarer. So gilt es, einen Kompromiss zu finden.

Blende f/4: Der Hintergrund verliert sich in Unschärfe
Blende f/8: Der Wald ist leicht erkennbar und auch die Schärfentiefe des Pilzes ist höher
Blende f/22: Der Wald ist deutlich zu erkennen, Beugungsunschärfe wird erkennbar

Bei einer kleinen Blende, also einer großen Blendenzahl, gilt es noch zu bedenken, dass je nach Objektivgüte früher oder später Beugungseffekte auftreten und das Bild dann wieder unscharf wird. Außerdem werden Flecken auf dem Objektiv und Sensor deutlicher.

Die beste Zeit zum Fotografieren ist in den Morgenstunden und nach Regenschauern einer längeren Regenphase. Die Pilze sind dann besonders kräftig und der Wasserfilm auf dem Hut bringt den Pilz zum Glänzen.

Galerie

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